June 7, 2021

Analyse: Gibt es ein Geheimnis guter Lösungen?

Ob die Lösung eines bestimmten Problems gut ist, hängt oft von vielen Eigenschaften der Lösung ab. Wenn ich nur drei Eigenschaften nennen dürfte, wären es die folgenden.

Gute Lösungen sind stets …

… einfach

Everything should be made as simple as possible, but not simpler.
Albert Einstein

… klar

Alles was überhaupt gedacht werden kann, kann klar gedacht werden. Alles, was sich aussprechen lässt, lässt sich klar aussprechen.
Ludwig Wittgenstein

… schlank

Weniger ist mehr.
Ludwig Mies van der Rohe

Das Einstein-Zitat habe ich leider nur in der englischen Fassung gefunden – vielleicht war das auch die Original-Sprache?

Was die Forderung nach Klarheit betrifft, so ist sie nicht nur für Dokumente wie Konzepte und Spezifikationen wichtig, sondern mindestens ebenso für Quellcode. Klar heißt dabei stets: verständlich für die Zielgruppen.

Die Forderung nach einer schlanken Lösung hat natürlich einen Haken: Es kostet Aufwand, eine Lösung auf das Wesentliche zu reduzieren. Wie Blaise Pascal im Postskriptum eines in der Tat sehr langen Briefes vom 4. Dezember 1656 schreibt

Ich habe den gegenwärtigen Brief aus keiner andern Ursach so lang gemacht, als weil ich nicht Zeit hatte, ihn kürzer zu machen.
Je n’ai fait celle-ci plus longue que parce que je n’ai pas eu le loisir de la faire plus courte.

Aber bei langlebigen Lösungen zahlt sich der anfängliche Mehraufwand für die Verschlankung meist in kurzer Zeit aus, weil eine schlanke Lösung weniger schnell degeneriert als eine unnötig aufgeblähte.

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Buchtipp: “Business Analysis Agility”

Von James Robertson und Suzanne Robertson; Addison-Wesley 2019.

Die beiden Autoren, Veteranen der legendären Atlantic Systems Guild, greifen in diesem Buch erneut ein Thema auf, das sie schon lange mit großem Erfolg bearbeiten: Wie man durch eine geschickte und schlanke Business Analyse den Grundstein für exzellente Lösungen legt.

Ihr jüngstes Buch konzentriert sich laut Untertitel auf zwei Kernaspekte der Business Analyse:

Solve the real problem, deliver real value

An einem konkreten Beispiel entwickeln sie Schritt für Schritt, was das konkret heißt. Dass sie zunächst die zentrale Bedeutung der Problem-Analyse für alles Weitere herausarbeiten, hat einen guten Grund: Nur allzu oft erlebt man als Business Analyst oder Projektleiter, dass Auftraggeber, Fachbereiche und Projektteam schnurstacks zum Lösungsentwurf übergehen wollen, ohne dass klar wäre, worin das das zu lösende Problem genau besteht.

Zweifellos kann es bei der Problemanalyse hilfreich sein, mithilfe von Lösungsskizzen zu überprüfen, welche Lücken und Missverständnisse sich noch im aktuellen Problemverständnis verbergen und so die Analyse inkrementell voranzutreiben. Aber viele Teams erliegen der Versuchung, dabei die Analyse sträflich zu vernachlässigen zugunsten einer schnellen Lösungsfindung, die dann wenig überraschend zu halbgaren Ergebnissen führt: Wenn man nicht genau weiß, was das Problem ist, wird es zur Glückssache, ob die Lösung wirklich passt.

Der “real value”, den ein Projekt liefern soll, ist nichts anderes als der Nutzen der Lösung für ihre Stakeholder. Es ist kritisch für den Projekterfolg, die oft wolkigen Nutzenvorstellungen der Stakeholder soweit zu präzisieren, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes “zielführend” werden. Worin der Nutzen genau bestehen soll und wie man überprüfen kann, ob man ihm am Ende auch erreicht, ist also ein wesentlicher Teil der Problemanalyse. Je nach Stakeholder kann der Nutzen eher in qualitativen Verbesserungen bestehen oder in quantitativen bzw. monetären wie etwa Kosteneinsparungen.

Viele glauben, das Ziel eines IT-Projekts sei die Entwicklung oder Verbesserung eines IT-Systems. Dabei geht es in Wirklichkeit darum, die Welt zu verbessern, indem man einen bestimmten Nutzen erzielt, den man ohne das IT-System nicht erzielen könnte. So gesehen ist ein IT-System nur ein Baustein einer umfassenderen Lösung,

  • zu der auch die Geschäftsprozesse gehören, in welche das IT-System eingepasst wird,
  • und die Menschen, deren Leben das IT-System verändert, hoffentlich zum Besseren.

Das Buch bietet eine Fülle von praxiserprobten Tipps, wie man

  • den Raum der potentiellen Lösungen erkundet, als Voraussetzung dafür, sich einer optimalen Lösung anzunähern,
  • diverse agile Methoden geschickt einsetzt, insbesondere Stories,
  • und schließlich den gesamten Analyseprozess flink und zielstrebig durchläuft, um möglichst schnell den angestrebten Nutzen einfahren zu können.

Insgesamt ein schlankes Buch (reichlich 200 Seiten), das die Grundprinzipien agiler Business Analyse sehr klar und mit einer Prise Humor auf den Punkt bringt.

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